Gezielte Hilfe in schwierigen Zeiten

Reutlinger Kreuzkirche, Stiftung Lebenswerte Nachbar-schaft und Diakonieverband gründen einen Hilfsfonds für bedürftige Menschen im Quartier

„Die Lebenshaltungskosten steigen, gleichzeitig nimmt die Zahl der Menschen unter der Armutsgrenze deutlich zu“, sagte Stephan Sigloch, Pfarrer an der Reutlinger Kreuzkirche, am Dienstag dieser Woche. Von diesem Umstand der steigenden Armut seien auch einige Menschen im Wohnquartier im Ringelbachgebiet, am Lerchenbuckel und unter dem Georgenberg betroffen, so Sigloch. „Als Kirchengemeinde versuchen wir, Verantwortung zu übernehmen und dagegen anzugehen“, betonte der Pfarrer.

Zusammen mit der Stiftung „Lebenswerte Nachbarschaft“ – die aus einer Vielzahl an Bürgerinnen und Bürgern aus dem Wohnquartier vor 3,5 Jahren gegründet und mit Geldern bedacht wurde – hat die Kirchengemeinde nun einen Hilfsfonds installiert. Mit 20 000 Euro startet der nun, wie der Stiftungsversammlungsvorsitzende Jo Jerg hervorhob. Ebenfalls ins Boot geholt wurde der Reutlinger Diakonieverband, „weil der sich mit Sozialberatung auskennt“, sagte Geschäftsführer Dr. Joachim Rückle. Denn: Mit dem Betrag von 10 000 Euro soll eine Beratungsstelle im unteren Ringelbachgebiet angeschoben und über eine Mischfinanzierung auch langfristig installiert werden.

„In dem Gebiet der hinteren Ringelbachstraße leben mit Sicherheit am ehesten die Menschen, die wegen der Energiekosten-Nachzahlungen und drastisch gestiegener Lebensmittelkosten am meisten in materielle Not abgerutscht sind“, betonte Rückle. Eine Sozialberatung gerade auch für jene Menschen, die vielleicht gar nicht wissen, dass sie Anspruch auf Hilfe hätten, könne da viel bewirken. Und: Mit den restlichen 10 000 Euro sollen direkte Hilfen geleistet werden. Und mit weiteren Spenden auch, auf die der Hilfsfonds hofft.

„Wir wollen einen Beitrag zum Zusammenhalt der Gesellschaft in dem Quartier leisten wie auch zum Beziehungswohlstand“, sagte Jo Jerg. Mit dem „Beziehungswohlstand“ oder auch „Beziehungsreichtum“ zitierte er Otto Haug, der die Plattform „Lebenswert“ an der Kreuzkirche einst aufgebaut hatte. Mittlerweile haben um die 50 unterschiedliche Gruppen, Initiativen und Helfer auf dieser Plattform ihren Platz gefunden. „Ich bin sehr froh über die Kooperation zwischen der Stiftung, der Kirchengemeinde und dem Diakonieverband“, so Jerg.

Ihren Platz finden soll die Sozialberatungsstelle in der Ringelbachstraße 195/41 beim Begiz, auf dem ehemaligen Kasernengelände. „Dieses Beispiel des Hilfsfonds könnte gerne Schule machen“, sagte Rückle. „Der Bedarf ist riesig.“ Und das nicht allein im Ringelbachgebiet. „Es ist Zeit, uns in der Gesellschaft überhaupt Gedanken über Armut zu machen“, betonte der Geschäftsführer des Diakonieverbands. Die 50prozentige Beratungsstelle im Ringelbachgebiet soll „möglichst zeitnah besetzt werden.“ Bewerbungen seien schon eingegangen.

Otto Haug betonte: „Wir verfolgen an der Kreuzkirche eine langfristige Strategie, es gibt ein Gesamtkonzept mit vielen Bausteinen.“ Der Hilfsfonds sei einer dieser Bausteine, „andere werden hundertprozentig folgen, so wie ich uns kenne“, sagte Haug schmunzelnd. Auch Pfarrer Sigloch hob die Besonderheit der Kreuzkirchengemeinde hervor: „Wir haben zwar auch Bedenken, bevor wir wieder ein neues Projekt starten – aber wir probieren es dann einfach aus und sehen dann, ob die Bedenken berechtigt waren.“ Andernorts würden die Bedenken meist dazu führen, dass die Projekte erst gar nicht umgesetzt werden.

„Die Schere zwischen Arm und Reich klafft immer weiter auseinander“, betonte Stephan Sigloch. „Wir versuchen aber, der problematischen Entwicklung aktiv entgegenzutreten.“ Eigentlich sei das doch selbstverständlich, wenn man versuche, „Täterinnen und Täter des Wortes zu sein“. Aber: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst allein zu predigen, hilft nicht – wir wollen dazu beitragen, dass es alle in unserem Wohngebiet warm haben“, so der Pfarrer. „Unser Ziel lautet, gezielt zu helfen“, so Joachim Rückle.

 

INFO:

Spendenkonto

Wer den Hilfsfonds für bedürftige Menschen im Einzugsgebiet der Reutlinger Kreuzkirche unterstützen will, kann das auf das Konto mit der IBAN-Nr. DE82 6405 0000 0000 0738 00 bei der Kreissparkasse tun, unter dem Stichwort „Stiftung lebenswerte Nachbarschaft“.