Donnerstags-Club wird 50

Reutlinger Donnerstags-Club sorgt seit 50 Jahren unter dem Dach des Diakonieverbands für vorurteilsfreie Kontakte, Vertrauen und Freizeitangebote

Trotz all der öffentlichkeitswirksamen Berichte in den vergangenen Jahren über Persönlichkeiten, die an Depressionen oder anderen psychiatrischen Erkrankungen leiden, „trotzdem ist die Stigmatisierung immer noch da“, sagte Nikolaus Mantel. Er weiß das aus eigener Erfahrung, denn er ist schon 1978 erkrankt. „Es folgten einige Klinikaufenthalte“, berichtet er beim Pressegespräch zum 50. Geburtstag des Donnerstags-Clubs, der sich zu einer Institution für psychisch kranke Menschen entwickelt hat. Zu einem Rückzugsraum, einer Möglichkeit der geselligen Kontakte, zu Freizeitangeboten in geschütztem Rahmen.

Zweimal wöchentlich treffen sich jeweils zehn bis 20 Personen, als Hauptamtliche ist Frauke Böckmann seit rund 30 Jahren dabei, ehrenamtlich unterstützt wird sie von vier Personen, darunter auch Angelika Sauer, die sich schon seit fast 25 Jahren einbringt. Was sie antreibt? „Die Gesellschaft vereinsamt, das trägt zu Depressionen bei – das bewegt mich unheimlich“, sagt Sauer. Gerade psychisch Kranke haben nach den Worten von Nikolaus Mantel mit der Einsamkeit zu kämpfen, sie trauen sich kaum in Vereine, in den öffentlichen Raum, oftmals nicht mal aus den eigenen vier Wänden heraus. Da sei es sehr hilfreich, mit dem Do-Club eine Gruppe zu haben, „wo man nicht komisch angeguckt wird“, wie auch Dr. Joachim Rückle als Diakonieverbands-Geschäftsführer anmerkt.

Mantel ist auch schon seit über 20 Jahren im Club, er will die regelmäßigen Treffen nicht missen. All die gemeinsamen Unternehmungen wie Spiele- oder Kegelabende, gemeinsames Singen, Basteln, Gesprächsrunden, Konzertbesuche und vieles mehr haben ihm wieder den Boden unter den Füßen gegeben, den ihm die Scheidung von seiner Frau genommen hatte. Ein längerer Klinikaufenthalt folgte, danach fand er durch persönliche Kontakte zum Do-Club. Der Treff für psychisch Erkrankte wurde 1971 gegründet, in einer Zeit, als die Sozialpsychiatrie laut Rückle neue Wege ging. Wohnortnahe und ambulante Versorgung lauteten die Zauberworte. „Was damals aber fehlte, waren Freizeitmöglichkeiten für psychisch kranke Patienten“, sagt Mantel. „Solche Angebote wie der Do-Club sind auf Wunsch der Kliniken entstanden – auch weil neue Medikamente die ambulante Versorgung ermöglichten.“

„Auch nachdem es mir besser ging, habe ich an den regelmäßigen Treffen weiter teilgenommen“, berichtet Nikolaus Mantel. Er hat im Do-Club neue Freunde gefunden und konnte sich auch mit dieser Hilfe ein neues Leben aufbauen. Der Club „ist ein Raum, in dem alle Besucher wissen, dass sie dort nicht als faul, unberechenbar oder gefährlich angesehen werden“. Insgesamt sind laut Frauke Böckmann als sozialpädagogische Fachkraft beim Do-Club mehr Besucher weggestorben oder weggezogen „als dass neue Teilnehmer hinzukamen“.

Corona bedeutete einen Einschnitt, weil da zum ersten Mal seit fast 50 Jahren die Treffen am Donnerstag und Samstag rund ein halbes Jahr ausfallen mussten. Durch Briefe, Telefonate, Internet wurde versucht, die Kontakte zu halten. Doch nun gibt es endlich wieder ein regelmäßiges Programm. Zum Jubiläum war die Gruppe dieses Jahr schon am Bodensee bei der Landesgartenschau. In Kürze wird auch noch gefeiert, ein Jubiläumsfest mit Essen, Programm, Musik und einem Vortrag. Vielleicht wird auch da gelten: „Wichtig ist bei allen Treffen vor allem die persönliche Ansprache, es geht immer um das gegenseitige Vertrauensverhältnis“, sind sich Nikolaus Mantel, Frauke Böckmann und Angelika Sauer einig. „Hier werden alle so genommen, wie sie sind“, betont Böckmann.