Keine Angst vor Papierkram

Kostenloses Angebot von Diakonie und Kirchengemeinde jetzt auch in Rommelsbach

»Hilfe läuft in Deutschland fast nur über Formulare.« Das sagt Andrea Meyle,  Sozialarbeiterin und viele Jahre gesetzliche Betreuerin. »Wer nicht in der Lage ist, diese richtig auszufüllen oder vor elfseitigen Anträgen gleich kapituliert, geht leer aus.« Seit fünf Jahren ist sie an dem Projekt »Keine Angst vor Papierkram« (KAP) in Betzingen beteiligt, nun startet das Projekt auch im Evangelischen Gemeindehaus Rommelsbach. 

Ob Rente oder ReHa, Schwerbehindertenausweis oder Pflegestufe – für alles muss vorher ein Antrag gestellt werden. Keineswegs nur Menschen mit Lese- und Rechtschreibschwäche oder mangelnden Deutschkenntnissen scheitern an den oft umständlich formulierten Formularen. Handwerker, Arbeiter, alte Menschen, Eltern von behinderten Kindern oder Menschen mit pflegebedürftigen Angehörigen, die oft schon durch andere Aufgaben belastet sind, kapitulieren vor den vielseitigen Anträgen, denen oft noch weitere Dokumente beigefügt werden müssen.

In Zeiten der Corona-Vorsichtsmaßnahmen sind die Sprechzeiten der Behörden eingeschränkt oder ganz abgeschafft worden. Hilfestellung, die eigentlich in den Sprechstunden der Behörden geleistet werden soll, entfällt, so Meyle bei der Vorstellung des »KAP«-Projektes. Es soll möglichst alles per E-Mail laufen. Doch die technischen Möglichkeiten, um die zusätzlichen Dokumente zu scannen oder um die Formulare online auszufüllen, hat nicht jeder. Und manche Menschen scheuen in diesen Zeiten auch eine Busfahrt in die Innenstadt.

Deshalb gibt es »Keine Angst vor Papierkram« als niedrigschwelliges Angebot vor Ort nun auch in Rommelsbach. Der aus den ehemaligen Krankenpflegevereinen Betzingen, Degerschlacht, Rommelsbach und Sickenhausen hervorgegangene Verein »Gemeinsam vor Ort Diakonie leben« hat gemeinsam mit der Evangelischen Kirchengemeinde Ehrenamtliche gefunden, die die Beratung gemeinsam mit Andrea Meyle übernehmen. Mit dabei ist auch der Diakonieverband Reutlingen, der ähnliche Hilfestellungen wie KAP für Menschen mit Behinderung und deren Angehörige bietet; nur trägt diese Beratung einen anderen Namen, da sie aus Bundesmitteln gefördert ist: Ergänzende unabhängige Teilhabe-Beratung (EUTB).

Das Team der Ehrenamtlichen besteht aus Elena Döbereiner, sie ist von Beruf selbständige Rechtsanwältin und ehrenamtlich 2. Vorsitzende des Kirchengemeinderats Rommelsbach, Herta Ritz, ebenfalls im Kirchengemeinderat und ehrenamtliche Seniorenberaterin, und dem ehemaligen Ortsvorsteher Siegfried Thumm, der früher selbst in einer Behörde gearbeitet hat. Jedes der Teammitglieder kann unterschiedliche Schwerpunkte abdecken. Rechtsberatung darf aber nicht erfolgen. Vielmehr geht es darum, erste Anlaufstelle zu sein und gegebenenfalls den Kontakt zu weiteren Beratungsangeboten zu vermitteln. Sozialarbeiterin Meyle ergänzt das Hilfeangebot. Es ist kostenlos und vertraulich.

Jeden Dienstagvormittag ist jemand aus dem Team im Martin-Luther-Gemeindehaus anwesend. Da die Corona-Vorsichtsmaßnahmen Abstandsregeln erfordern, kann man derzeit nicht spontan vorbeikommen. Um Wartezeiten  zu vermeiden, sollte man sich vorher kurz telefonisch anmelden, denn die Beratung dauert in der Regel einige Zeit, so dass nicht mehr als zwei oder drei Personen an einem Vormittag »dran« kommen können. Die Telefonnummer für die Anmeldung ist: 0152 32 73 56 21.

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Die Beteiligten am Beratungsprojekt (von links): Kirchengemeinderätin Herta Ritz, Geschäftsführer Joachim Rückle vom Diakonieverband Reutlingen, die Rommelsbacher Pfarrerin Beate Ellenberger, die 2. Vorsitzende des Kirchengemeinderates Elena Döbereiner, der frühere Rommelsbacher Ortsvorsteher Siegfried Thumm, der Vorsitzende des Vereins „Gemeinsam vor Ort Diakonie leben“ Christoph Zügel und Sozialarbeiterin Andrea Meyle. (Foto: Jürgen Simon)

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Das Beratungsteam in Rommelsbach: Elena Döbereiner, Siegfried Thumm, Herta Ritz und Andrea Meyle. (Foto: Jürgen Simon)