Suchttherapie auf vier Pfoten

Erstmals setzt der Diakonieverband Reutlingen in der Suchtberatung einen Therapiehund ein. Sozialarbeiterin Svenja Hartkorn berichtet von ihren Erfahrungen mit Labradorhündin Nala – und wie die tiergestützte Intervention neue Wege in der psychosozialen Arbeit eröffnet.

Der Einsatz von Therapiehunden in der Sozialen Arbeit ist immer noch etwas Besonderes. Mit dem Einsatz der Labradorhündin Nala betritt die Reutlinger Suchtberatung deshalb Neuland. Svenja Hartkorn, Sozialarbeiterin arbeitet seit mehreren Jahren mit ihrer Hündin als Therapiebegleithundeteam und zieht positive Bilanz: „Allein die Anwesenheit des Hundes sorgt für eine entspanntere Atmosphäre. Klientinnen und Klienten fahren runter, werden ruhiger – was ein Effekt ist, den man nicht unterschätzen sollte.“

Der Hund als Türöffner

Die Wirkung eines Therapiehundes geht dabei aber weit über das bloße Dabeisein hinaus. Nala ist Brückenbauerin und Stimmungsaufhellerin in einem. „Manchmal kommt Nala gezielt zu einer Person, die angespannt wirkt. Das kann ich dann therapeutisch aufgreifen und im Gespräch mit einbeziehen“, erzählt Hartkorn. Auch kleine Rituale – etwa das Begrüßen jedes Gruppenmitglieds durch Nala – stärken das Gemeinschaftsgefühl und fördern die Beziehungsarbeit.

Besonders eindrücklich schildert Hartkorn einen Schlüsselmoment mit einer Klientin, die Schwierigkeiten hatte, Menschen in die Augen zu schauen. „Gemeinsam mit Nala haben wir geübt, denn auch Hunde empfinden Blickkontakt manchmal als unangenehm. Das war für die Klientin ein Aha-Erlebnis – und ein wichtiger Schritt in ihrer Entwicklung.“ Solche Erlebnisse zeigen, wie tiergestützte Interventionen neue therapeutische Zugänge eröffnen, die rein gesprächsbasierte Ansätze oft nicht bieten.

Beziehungsaufbau und Selbstwirksamkeit

„Es fällt vielen Menschen nicht so leicht, in einem neuen Beziehungsumfeld über eigene und oftmals schwierige Themen zu sprechen“, erklärt Frau Hartkorn.
„Nala hilft dabei, Vertrauen aufzubauen und ein Gefühl von Sicherheit und Zugehörigkeit zu vermitteln. Gerade in herausfordernden Lebenssituationen ist das ein wichtiger Faktor.“ Mit Hilfe von didaktischem Arbeitsmaterial, wie Holzwürfel, Bildtafeln oder Holzfiguren, die Nala auswählen, anstupsen oder portieren kann, lässt sich die Beratung auf unkonventionelle Weise abwechslungsreich und lösungsorientiert gestalten. Gerade bei der Bewältigung von krisenhaften Lebenssituationen kann das eine sehr willkommene Hilfe sein.

Damit wird der Hund für viele Klientinnen und Klienten zu einer wichtigen Bezugsperson. „Über Nala kommen wir oft auf Themen zu sprechen, die sonst nicht angesprochen werden“, so Hartkorn. Trotzdem bleibt der Fokus stets auf dem Menschen: „Ich habe noch nie erlebt, dass die eigenen Themen untergehen. Im Gegenteil – Nala ist oft der Schlüssel, um verborgene Gefühle und Erinnerungen ins Gespräch zu bringen.“

Professionelle Ausbildung steht am Anfang

Die Arbeit mit einem Therapiehund erfordert eine fundierte Ausbildung. „Es reicht nicht, einfach den eigenen Hund mitzubringen“, betont Frau Hartkorn. Die Ausbildung umfasst Theorie- und Praxisblöcke, Prüfungen, sowie regelmäßige Nachprüfungen. „Nur so kann sichergestellt werden, dass Hund und Mensch ein gutes Team sind und professionell arbeiten.“

Nach mehreren Jahren erfolgreicher Arbeit in der Suchtberatung in Stuttgart hat Frau Hartkorn nun ihre neue Stelle in Reutlingen angetreten – und Nala ist natürlich an ihrer Seite. „Es war mir wichtig, dass wir als Team zusammenbleiben und unsere Erfahrungen in einem neuen Kontext weiterentwickeln können“, berichtet sie.

Neben ihrer Arbeit mit den Klientinnen und Klienten engagiert sich Frau Hartkorn für die Verbreitung tiergestützter Interventionen in der Sozialen Arbeit. „Ich wünsche mir, dass noch mehr Einrichtungen die nachhaltige Bereicherung entdecken und den Mut haben, neue Wege zu gehen – gerade jetzt, wo viele Menschen mit psychischen Belastungen und sozialen Herausforderungen zu kämpfen haben.“

Wer die tiergestützte Intervention von Svenja Hartkorn und Nala unterstützen will, kann gerne mit dem Team in Kontakt treten und für die Bereitstellung weiterer therapeutischer Angebote spenden.