Empowerment als wichtigstes Stichwort

Kooperation von zwei Institutionen führt zu ungewöhnlichem Projekt „My Integration“ mit dem Frauen mit Migrationshintergrund bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhalten sollen

„Zwei Partner bringen bei diesem Projekt ihre Stärken ein“, betonte Dr. Joachim Rückle am Donnerstag beim Pressegespräch in der Ringelbachtsraße 195. Der Diakonieverband (DV), dessen Geschäftsführer Rückle ist, sowie das Bildungszentrum in Migrantenhand (bim) haben beide hervorragende Kontakte zu Frauen mit Migrationserfahrung – und beide haben sich nun für das Projekt „My Integration“ gefunden und zusammengetan. Das Ziel dahinter: Frauen durch möglichst individuelle Beratung und Begleitung in den Arbeitsmarkt zu bringen, in eine Ausbildung oder auch in die Selbständigkeit, wie Ina Kinkelin-Naegelsbach (DV) und Galina Lerner (bim) als die beiden Projektleiterinnen ausführten.

Als Vorzeige-Beispiel für diese Arbeit steht Islada Sertovic-Merdanic: Sie kam als studierte Englisch-Lehrerin vor drei Jahren aus Bosnien nach Deutschland, hatte zunächst bei der Post nachts geschichtet, um tagsüber für ihre Kinder da zu sein. Um mit ihrer Vorbildung hier tätig sein zu können, hätte sie ein weiteres Fach studieren müssen. Über eine Freundin hatte sie dann aber von „My Integration“ gehört – Sofie Jamous (bim) „hat mir neue Wege in den Beruf aufgezeigt, das war eine richtige Erfolgsgeschichte für mich“, berichtete Sertovic-Merdanic.

Gestartet ist das Projekt „My Integration“ am 1. Januar dieses Jahres, die ersten Wochen vergingen laut Lerner und Kinkelin-Naegelsbach vor allem mit der vertieften Netzwerkarbeit – die Kooperationspartner des Tagesmüttervereins sind dabei mit im Boot, die Städte Reutlingen und Münsingen, aber auch und vor allem das Jobcenter. „Auch die Behörde begleitet Frauen mit Migrationshintergrund, das Jobcenter hat aber gar nicht die Kapazitäten, um die Frauen intensiv und auch längerfristig zu begleiten“, so Galina Lerner. Ein enormer Vorteil von „My Integration“ sei laut Rückle, die große Vielfalt des Beraterinnen-Teams – auch hinsichtlich der unterschiedlichsten Muttersprachen, die sie sprechen. Nach den Worten von Eva Laufer (bim) können sich Migrantinnen, die schon länger in Deutschland sind, hervorragend in Migrantinnen hineinversetzen, deren Ankunft hier noch nicht so lange zurückliegt. Zwei, auf die genau das zutrifft, sind die ukranisch-stämmigen Iryna Dudak und Tetyana Pikulska, die beide im Team dabei sind.

Ebenso wie Sofie Jamous (bim), sie betonte: „Empowerment ist bei der Begleitung ganz wichtig.“ Sie hatte Sertovic-Merdanic zu einer Stelle als Schulbetreuungskraft und Teamleiterin an der Schillerschule in Orschel-Hagen verholfen. „Islada gehörte mit ihren Kompetenzen nicht in den Schichtdienst als Briefsortiererin bei der Post“, so Jamous. Und die Unterstützung sowie Begleitung von Sertovic-Merdanic war tatsächlich von Erfolg gekrönt. Rund 100 Frauen betreut das vielköpfige Team zurzeit, nach nur dreieinhalb Monaten. „Unser Ziel ist, 300 Frauen pro Jahr soweit zu bringen, dass sie auf dem Arbeitsmarkt deutlich bessere Chancen haben“, sagte Kinkelin-Naegelsbach.

Gefördert wird dieses Projekt in den kommenden drei Jahren mit sage und schreibe 850 000 Euro vom Europäischen Sozialfonds über ein ESF Plus-Bundesprogramm des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. „Wir werden damit die Angebote und Maßnahmen des Jobcenters weiter ergänzen“, sagte Projektleiterin Kineklin-Naegelsbach.

Typische Probleme, mit denen die Beraterinnen und Begleiterinnen zu tun haben? „Wenn der Mann etwa nicht will, dass seine Frau arbeiten geht“, so Sofie Jamous. Oder die Familie habe Schulden, die Frau sage, sie könne nicht in Supermärkten arbeiten, weil dort Alkohol verkauft wird. Die Hindernisse können sehr vielfältig sein, die Beraterinnen sind dafür da, um die individuell richtige Stelle, Ausbildung oder auch Selbständigkeit für die jeweilige Frau zu finden. Und sie zu ermutigen. „Empowerment – das ist ein ganz wichtiges Stichwort“, betonte auch Joachim Rückle.